INTERVIEW MIT DAVID REIMER
06. November 2024 | Autor: Ryan Rockwell | Lesedauer: 10 Minuten
Liebe Science-Fiction-Fans. Mit der SPACE LOUNGE wage ich mich in unbekannte Sphären, die nie ein Mensch zuvor gesehen … Nein Scherz!
Interviews sind mir nicht fremd. Eine ganze Dekade war ich als Musikjournalist tätig und habe die ein oder andere Lieblingsband von mir ausgefragt. Schon länger plane ich, SciFi-Schreibende zu Wort kommen zu lassen, um über ihre Werke und ihr Schreiben zu sprechen. Nun ist es endlich soweit.
Den Anfang macht Autor David Reimer, der vor allem in den Genres Erstkontakt und Science-Fiction-Thriller schreibt. David und ich kennen uns schon eine Weile, unter anderem haben wir mehrere Messen gemeinsam bestritten.
Für mich war es daher eine logische Konsequenz, David als meinen ersten Gast auf die Weltraumcouch einzuladen. Mit mir spricht er über seinen aktuellen Roman »Transfer«, über die Faszination eines Erstkontakts und darüber, wie er trotz Leserechtschreibschwäche zu einem Schreib-Beruf gekommen ist. Viel Spaß beim Lesen.
RYAN ROCKWELL:
Hallo David. Schön, dass ich dich als meinen allerersten Interviewgast begrüßen darf. Jüngst ist dein Science-Fiction-Roman »Transfer« erschienen. Erzähl doch einmal, um was es dabei geht?
DAVID REIMER:
Hallo Ryan, sehr gerne. In Transfer, geht es um die Astronautin Johanna Carter, die während der Artemis III-Mission zusammen mit ihrer Crew am Mondsüdpol landen soll, um dort in den immer dunklen Kratern nach Wassereis zu suchen. Zumindest ist dies das offizielle Missionsziel, denn Kommandant Chris Harris offenbart der Besatzung auf dem Flug, dass die NASA einige Monate zuvor eine ungewöhnliche elektromagnetische Signatur in einem Krater nahe des berühmten Shackleton-Kraters entdeckt hat. Die Mannschaft soll herausfinden, was in diesem Krater verborgen liegt.
Zeitgleich wird der Ägyptologe Dr. Sam Jackson auf einem von ihm gehaltenen Symposium (welches für ihn in einem Desaster endet) von einer Frau angesprochen, die behauptet, sie habe Hinweise darauf, was mit Sams verschollenem Vater geschehen ist. Denn dieser hat während seiner Forschungen offenbar ein seltsames Artefakt entdeckt und irgendwie sind diese beiden Ereignisse miteinander verwoben. Nun müssen Johanna und Sam unabhängig voneinander das Rätsel lösen.
RYAN ROCKWELL:
Was hat dich gereizt, diese zwei grundverschiedenen Handlungsstränge zu entwerfen?
DAVID REIMER:
Durch die verschiedenen Erzählperspektiven bekommt die Story deutlich mehr Tiefgang als eine Geschichte mit einer einzigen Erzählperspektive. Details können von unterschiedlichen Seiten in die Story einfließen. Vor allem aber kann der Spannungsbogen kontinuierlich angezogen werden.
“Da kann es schonmal passieren, dass es kracht, da nicht jeder die gleichen Ansichten oder Meinungen hat.”
DAVID REIMER
RYAN ROCKWELL:
Wie schaffst du es, deine Protagonisten als glaubhafte Personen erscheinen zu lassen?
DAVID REIMER:
Die Hauptfiguren sind Johanna und Sam. Bei der Gestaltung versuche ich, sie möglichst normal erscheinen lassen, also in ihren Handlungen, Ausdrucksweisen und Ansichten. Selbstverständlich fließen auch immer eigene Erfahrungen mit ein. Ich denke, vor allem dadurch wirken die Figuren authentisch. Darüber hinaus gebe ich den Figuren einen ganz eigenen Touch, der zu ihren jeweiligen Bestimmungen passt. Da kann es schonmal passieren, dass es kracht, da nicht jeder die gleichen Ansichten oder Meinungen hat.
RYAN ROCKWELL:
Inwieweit entsprechen die in »Transfer« vorkommenden Mythen und Technologien der Wirklichkeit?
DAVID REIMER:
Ich lege sehr viel Wert auf eine gute Recherche. Die Mythen, die ich in Transfer beschreibe, basieren auf realen archäologischen Funden, wie ich im Nachwort zu Transfer auch beschreibe. Die Technologien sind größtenteils so dargestellt, wie wir sie jetzt schon haben. Der Raketenstart beispielsweise ist möglichst authentisch gestaltet, die Aufgaben der Astronauten, die Landung auf dem Mond mit dem Starship und die vielen anderen Details sind wahrheitsgetreu umgesetzt.
Hinsichtlich weiterer Technologien bediene ich mich physikalischer Theorien, die plausibel und errechenbar sind. Ob diese Technologien allerdings jemals entwickelt werden, bleibt abzuwarten. Die Quantentechnologie ist eine der spannendsten physikalischen Themengebiete der nächsten Jahrzehnte, finde ich, und diese wird uns viele neue Möglichkeiten eröffnen.
RYAN ROCKWELL:
Wie wird es nach »Transfer« weitergehen? Schreibst du aktuell an einem neuen Roman?
DAVID REIMER:
Aktuell schreibe ich an der Fortsetzung zu Transfer und danach möchte ich eine neue fantastische Idee umsetzen. Das wird allerdings kein Erstkontakt-Roman werden, wohl aber ein weiterer Science-Fiction-Roman 🙂
“STARGATE bringt meiner Ansicht nach gut die Vielfalt des Genres Erstkontakt rüber.“
DAVID REIMER
RYAN ROCKWELL:
Du schreibst gern Erstkontaktszenarien. Was genau reizt dich daran?
DAVID REIMER:
Ich glaube, allein wegen der Frage: Was wäre, wenn? Aber es eröffnet einem auch die kreativen Seiten der Science-Fiction, im Gegensatz zu Hard-Science-Fiction, finde ich. Ein Erstkontakt kann auf vielen verschiedenen Ebenen stattfinden, und solange mir in diesem Genre neue Ideen kommen, muss ich wohl noch weitere Bücher schreiben 🙂
Ein weiterer Grund, warum ich mehrere Romane in diesem Themenfeld geschrieben habe, kann der sein, dass ich »Contact« von Carl Sagan gelesen habe (eines der wenigen Bücher die ich gelesen habe, sonst höre ich meist Hörbücher). Auch die TV-Serie »Unser Kosmos« oder Star Trek (TOS, TNG, Voyager, DS9) haben mich dazu gebracht, Erstkontakt-Geschichten zu schreiben. Aber auch negative Erstkontakte wie in »Alien« oder »Independence Day« zeigen, wie viel Konfliktpotenzial eine Begegnung mit Außerirdischen mit sich bringen könnte. Und gerade das Franchise »Stargate« bringt meiner Ansicht nach gut die Vielfalt des Genres Erstkontakt rüber.
RYAN ROCKWELL:
Hältst du es für wahrscheinlich, dass wir Menschen zu unseren Lebzeiten Kontakt zu einer intelligenten außerirdischen Lebensform herstellen können?
DAVID REIMER:
Auch wenn ich es sehr interessant fände zu erfahren, was dann geschehen würde (ohne dass ich es mir selbst ausgedacht habe 🙂 ), denke ich, dass es in den nächsten Jahrzehnten nicht dazu kommen wird. Dafür ist allein unsere Galaxie zu groß. Funksignale bräuchten viel zu lange, um uns zu erreichen. Zudem bräuchten wir deutlich bessere Technologien. Selbst wenn man die Drake-Gleichung zur Hilfe nimmt (Anm.: Gleichung zur Abschätzung der Anzahl der technischen, intelligenten Zivilisationen in unserer Galaxie), bleibt es dennoch unwahrscheinlich, dass wir
in den kommenden Jahren eine andere Zivilisation entdecken. Vielleicht werden wir eines Tages ein Signal empfangen, doch es ist dann durchaus möglich, dass die Absender längst nicht mehr existieren.
“Ich kenne wirklich viele Filme, sogar allerhand B- und C-Movies. Aber auch diese vermeintlich schlechten Filme, haben meist eine gute Grundidee.“
DAVID REIMER
RYAN ROCKWELL:
»Transfer« ist dein 13. Science-Fiction-Roman. Woher nimmst du deine Inspiration?
DAVID REIMER:
Im Prinzip von überall her: Ein Blick zu den Sternen, ein gutes Buch, spannende Filme und Serien, aus der Natur. Ich hatte schon immer viel Fantasie und konnte Erlebtes gut wiedergeben. Im Kindergarten, so erzählte mir meine Mutter, war es keine Seltenheit, dass sich Grüppchen um mich bildeten, die meinen Geschichten lauschten.
Später entdeckte ich die Drei ???, Fünf Freunde und TKKG, und auch all die fantastischen Filmklassiker wie Star Wars, Jurassic Park, Die Reise ins Ich, Mad Max, Blade Runner, Alien, Matrix. Ich kenne wirklich viele Filme, sogar allerhand B- und C-Movies. Aber auch diese vermeintlich schlechten Filme, haben meist eine gute Grundidee. Auch Serien wie Stargate, Star Trek, Eureka, Battlestar Galactica, Raumpatrouille Orion, Andromeda oder Computerspiele wie Halo, Dead Space, Stalker (basiert auf »Picknick am Wegesrand«) inspirieren mich.
RYAN ROCKWELL:
Das ist eine ganze Menge. Du sagst, du liest sehr wenig.
DAVID REIMER:
Gelesen habe ich nie viel. Das liegt daran, dass man bei mir in der zweiten Klasse eine stark ausgeprägte Leserechtschreibschwäche diagnostiziert hat. Damals wurde so etwas von Lehrern nicht wirklich anerkannt und eher als Faulheit des Kindes angesehen. Bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr musste ich dreimal in der Woche zu einer Therapeutin, die verschiedenste Schreib- und Verständnisübungen mit mir absolvierte. So verbrachte ich an diesen Tagen drei Stunden meiner Freizeit damit, Herr über die deutsche Grammatik zu werden.
Trotzdem habe ich den Schritt vor gut sieben Jahren gewagt, meinen ersten Roman zu veröffentlichen. So sind mit meinem aktuellen Roman bereits neunzehn Bücher entstanden. Auch für die kommenden Jahre habe ich viele Ideen.
“So verbrachte ich an diesen Tagen drei Stunden meiner Freizeit damit, Herr über die deutsche Grammatik zu werden.“
DAVID REIMER
RYAN ROCKWELL:
Wie du sagst, hast du neben »Transfer« eine Reihe weiterer Bücher veröffentlicht, darunter »Das kosmische Artefakt«. Dieses erschien vor kurzem als Hörbuch bei Lübbe Audio. Wie kam es dazu?
DAVID REIMER:
Das kam vor allem durch den Erfolg von »Das kosmische Artefakt«. Ich bekam eine Nachricht vom A7L Verlag, wo die Story erschienen ist, dass beide Romane vertont werden und zwar von Lübbe Audio. Das hat mich natürlich extrem gefreut 🙂
RYAN ROCKWELL:
Darüber hinaus bist du überzeugter Selfpublisher. Warum?
DAVID REIMER:
Weil es für mich eine Möglichkeit ist, authentisch zu sein und meine Leserinnen und Leser näher an meine Gedankenwelt zu bringen. Das Self-Publishing ist eine fantastische Möglichkeit für Indie-Autoren, um ihre Geschichten zu verbreiten, da Verlage massenweise Einsendungen erhalten und sie diese Fülle an eingereichten Texten nur stichprobenartig durchgehen können. Das führt leider dazu, dass gute Storys oft unentdeckt bleiben. Das Selfpublishing ist der direkteste Weg zu Lesenden und gibt mir nicht nur die Möglichkeit, Geschichten zu schreiben, sondern auch auf Leserwünsche einzugehen.
Die Mühlen eines Verlages mahlen sehr langsam, daher dauert es oft Monate, bis ein neues Buch überhaupt fertig ist und meist erst ein Jahr nach Fertigstellung in die Läden kommt. Im Selfpublishing kann man schneller mehr Bücher veröffentlichen. Natürlich ist das auch mit dem Risiko verbunden, dass sich dadurch leichter Fehler einschleichen können. Ein weiterer Grund ist, dass der Verdienst pro Buch größer ist als bei einem Verlag, wo der Autor von einem 15-Euro-Taschenbuch meist nicht mehr als 1 Euro erhält.
Allerdings würde ich jedem raten, wenn er oder sie die Chance bekommt, bei einem großen Verlag zu veröffentlichen, dies gut zu überlegen. Ein Verlag hat ganz andere Möglichkeiten, eine Geschichte zu verbreiten, als ein Self-Publisher sie hat.
“Das Selfpublishing ist der direkteste Weg zu Lesenden.“
DAVID REIMER
RYAN ROCKWELL:
In »Transfer« tun es deine Protagonisten, aber würdest auch du selbst gern einmal zum Mond fliegen?
DAVID REIMER:
Ja das würde ich, alleine schon um von dort zur Erde zu blicken. Ich würde die Stille dort genießen, die Einsamkeit erfahren und in der geringen Anziehungskraft herumhüpfen. Dann würde ich mit einem Mondrover über die Oberfläche heizen, ohne geblitzt zu werden 🙂
RYAN ROCKWELL:
Danke für deine Zeit, David. Ich wünsche dir weiterhin viel Spaß und Erfolg beim Schreiben.
TRANSFER – ERSTKONTAKT
Im Jahr 2029 landet die Artemis III-Mission am Südpol des Mondes. Die Astronauten Chris Harris und Johanna Carter haben den geheimen Auftrag, einen kleinen, abgeschiedenen Krater namens Nethron zu untersuchen. Dort, tief im Schatten dieses immerwährenden Dunkels, verbirgt sich ein Objekt, das nicht von Menschenhand geschaffen wurde. Doch die Mission verläuft nicht wie geplant. Chris Harris verschwindet spurlos, und Johanna Carter bleibt nur die verzweifelte Flucht von der Mondoberfläche.
Zur gleichen Zeit erhält der Ägyptologe Dr. Sam Jackson ein mysteriöses Angebot. Eine Frau verspricht ihm Hinweise auf das Schicksal seines vor Jahren in Ägypten verschwundenen Vaters, der kurz nach einem sensationellen Fund verschollen ist. Alte Artefakte, die auf den verlorenen Tempel des Mondgottes Thot hinweisen, scheinen mit den Ereignissen auf dem Mond verbunden.
Was verbindet diese uralten Geheimnisse mit dem Schicksal der Menschheit? Sam Jackson steht vor einer Entdeckung, die die Welt für immer verändern könnte – oder ihr Ende einläutet..
DAS NÄCHSTE INTERVIEW
Mit der SPACE LOUNGE möchte ich Science-Fiction-Fans ›ihre‹ Autoren näherbringen. Die kommenden Gespräche sind bereits in Vorbereitung.
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