

INTERVIEW MIT JOHANNES SIEMERS
11. April 2024 | Autor: Ryan Rockwell | Lesedauer: 7 Minuten
Liebe Science-Fiction-Fans. Im heutigen Interview habe ich Science-Fiction-Autor Johannes Siemers zu Gast. In seiner 2024 erschienenen Romanreihe ›Kein Terra Nova‹ erzählt Johannes von der Menschheit auf der Suche nach einer neuen Heimat. Als sie glaubt, diese gefunden zu haben, fangen die Probleme aber erst an.
Johannes spricht darüber, wie er zu der Idee von ›Kein Terra Nova‹ gekommen ist, aber auch über Inspiration und sein neues Projekt. Außerdem beantwortet er die Frage, ob er selbst einmal gern Raumschiffkommandant wäre, so wie sein Admiral Curtis. Viel Spaß beim Lesen!
RYAN ROCKWELL:
Hallo Johannes, innerhalb des letzten Jahres hast du deine Science-Fiction-Trilogie ›Kein Terra Nova‹ veröffentlicht. Der Titel lässt bereits vermuten, um was es geht. Erzähl doch einmal kurz, wovon die Romane handeln.
JOHANNES SIEMERS:
Hallo Ryan. Bei Terra Nova geht es darum, dass durch einen Gammastrahlenausbruch alles menschliche Leben auf der Erde ausgelöscht wurde. Die Menschheit hatte jedoch genug Vorwarnzeit, um eine Flotte zu bauen und dreihunderttausend Menschen zu retten.
Das Buch setzt an, wenn der Rest der Menschheit ihr Ziel Terra Nova erreicht. Zu ihrer Überraschung müssen die Menschen feststellen, dass der Planet bereits von den Feonen – einer fünfzig Milliarden starken Spezies – bewohnt wird, die ihren Heimatplaneten Maniras nennen. Ausgehend vom Erstkontakt geht es also darum, ob und wie Menschen und Feonen miteinander auskommen können – oder eben nicht.
RYAN ROCKWELL:
Wird das Geschehen in ›Kein Terra Nova‹ von einer zentralen Hauptfigur bestimmt?
JOHANNES SIEMERS:
Es gibt drei Figuren aus deren Perspektive erzählt wird. Den größten Anteil hat Hope Mulligan, gefolgt vom Feonen Minolo.
RYAN ROCKWELL:
Was hat dich daran gereizt, die Menschen auf ihrer verzweifelten Suche nach einer neuen Heimat in die Rolle der außerirdischen Invasoren zu stecken?
JOHANNES SIEMERS:
Die Idee hatte ich schon vor einigen Jahren, als ich einen Podcast gehört habe, in dem es unter anderem um den Film District 9 ging. Gleichzeitig hatte ich noch einige andere Alien-Invasionsfilme im Kopf und in mir kam die Frage auf, warum es fast immer die Aliens sein müssen, die die Erde erobern wollen – warum nicht einmal die Menschen die Rolle der Aliens schlüpfen lassen?
“Warum nicht einmal die Menschen die Rolle der Aliens schlüpfen lassen?”
JOHANNES SIEMERS
RYAN ROCKWELL:
Hat ›Kein Terra Nova‹ eher einen militärischen Schwerpunkt oder eher einen philosophischen? Kann man diese beiden Themen überhaupt voneinander trennen, wenn man Sci-Fi über außerirdische Begegnungen schreibt?
JOHANNES SIEMERS:
In erster Linie habe ich den Anspruch, zu unterhalten. Ich bin sicherlich kein Philosoph. Es bleibt aber bei keinem Buch aus, dass man seine eigenen Standpunkte darin verarbeitet. Hier zum Beispiel die Frage, warum die von Pflanzenfressern abstammenden Feonen und der allesfressende Mensch nicht gefälligst miteinander auskommen können.
Der Versuch, dorthin zu gelangen, ist dann ein Mix aus Militär und Diplomatie. Ein wenig Action hat einem SF-Buch selten geschadet.
RYAN ROCKWELL:
Der Begriff ›Terra Nova‹ wird zivilisationshistorisch stets als Synonym für ein (scheinbar) unbevölkertes Land verwendet (oder eben einen Planeten). Dies geschieht meist aus einer individuellen Perspektive. Inwieweit spielt diese recht einseitige Betrachtungsweise und / oder eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff in deinen Romanen eine Rolle?
JOHANNES SIEMERS:
Die Menschen dachten, sie würden einen von intelligentem Leben freien Planeten vorfinden, und stellten sich darauf ein, ihn für sich in Beschlag zu nehmen. Stattdessen ist er bereits bis in jeden Winkel bevölkert. Manche Menschen akzeptieren, dass es kein Terra Nova gibt. Andere fordern, dass man ihnen – den zwar zahlenmäßig unterlegenen, aber technologisch überlegenen Menschen – Platz schafft.
Wie so oft geht es also darum, wer sich die Ressourcen – in diesem Fall vor allem Land – unter den Nagel reißen darf und welche Mittel dafür gewählt werden. Also ein durchaus typisches Terra Nova-Thema.
“Jeder Charakter sollte seine eigene Persönlichkeit haben, etwas, das ihn unverwechselbar macht.”
JOHANNES SIEMERS
RYAN ROCKWELL:
Fans deiner Bücher schätzen vor allem deine gut ausgearbeiteten Figuren. Was bereitet dir Freude beim Entwickeln deiner Protagonisten?
JOHANNES SIEMERS:
Wenn ich lese, dann stehen für mich die Charaktere im Vordergrund. Wenn die mich begeistern, dann war es ein gutes Buch. Den Anspruch habe ich auch an meine eigenen Figuren.
Jeder Charakter sollte seine eigene Persönlichkeit haben, etwas, das ihn unverwechselbar macht. Wirklich begeistern kann mich, wenn sich das dann in den Dialogen widerspiegelt.
Vielleicht liegt es am Stargate SG1-Fan in mir, aber es darf auch gern eine Gruppe von Charakteren sein, deren Erlebnisse sie im Laufe der Zeit zusammenschweißt.
RYAN ROCKWELL:
Du schreibst, deine literarischen Vorbilder sind unter anderem David Weber, Peter F. Hamilton und Jack Campbell. Was fasziniert dich an englischsprachiger Sci-Fi?
JOHANNES SIEMERS:
Bei Campbell und Weber sind es vor allem ihre Weltraumkämpfe, die ich immer mit Begeisterung gelesen habe. Von David Weber habe ich zum Beispiel gelernt, wie viel Spaß es machen kann, mitzuerleben, wie der feindliche Kommandant erkennt, dass er ein Idiot war und von der anderen Seite hinters Licht geführt wurde.
Letztlich ist es wohl die Vielfalt und das große Angebot, die die englischsprachige SF der deutschen voraushat. Wenn mir jemand ein Buch vorlegt, in dem Menschen in eine Parallelwelt geworfen werden, sage ich nicht nein. Das ist eines meiner Guilty Pleasures. Ohne englischsprachige Autoren gäbe es da für mich nicht viel zu lesen.
RYAN ROCKWELL:
Wie wählst du die Themen aus, über die du schreibst? Lässt du dich von deiner Inspiration treiben, oder achtest du penibel genau darauf, was Leute lesen wollen?
JOHANNES SIEMERS:
Ich habe immer wieder Ideen, die einfach plötzlich da sind. Wie die Idee zu Kein Terra Nova, die mir, wie oben geschrieben, beim Hören eines Podcasts gekommen ist. Ich habe eine lange Liste, auf der ich mir diese Ideen mit maximal drei Sätzen notiere, um sie dann beruhigt für immer vergessen zu können.
Manchmal gibt es jedoch Ideen, die mit diesem Niederschreiben nicht in Vergessenheit geraten, sondern in meinem Kopf weiterarbeiten. Diese werden dann zu Büchern.
“Ich wäre hoffnungslos überfordert und hätte vermutlich schon bald das halbe Schiff auf dem Gewissen. Die Arbeit überlasse ich lieber Admiral Curtis.”
JOHANNES SIEMERS
RYAN ROCKWELL:
Du bist Selfpublisher. Was schätzt du an diesem einfachen wie herausfordernden Veröffentlichungsweg?
JOHANNES SIEMERS:
Vor allem Schnelligkeit und Eigenständigkeit. Erst sucht man ewig und mit ungewissem Ausgang nach einem Verlag, dann wartet man nach der Vertragsunterschrift wiederum lange auf die Veröffentlichung. Das schien mir keine gute Verwendung meiner Lebenszeit zu sein.
RYAN ROCKWELL:
Was sind deine nächsten Pläne? Wird es eine neue Science-Fiction-Reihe oder einen Einzelroman geben?
JOHANNES SIEMERS:
Aktuell schreibe ich an einer neuen Serie, die ein paar Jahre nach der Curtis-Legende ansetzt. Dort darf unter anderem Juliana Thakis endlich ihr erstes Kommando als Kapitänin übernehmen. Das erste Buch dürfte im Herbst dieses Jahres veröffentlicht werden.
RYAN ROCKWELL:
Würdest du selbst gern einmal Kommandant auf einem großen Raumschiff sein? Wenn ja, was würdest du tun, wenn auf dem Flug der Kontakt zu einer extraterrestrischen Spezies zustande käme?
JOHANNES SIEMERS:
Auf gar keinen Fall! Ich wäre hoffnungslos überfordert und hätte vermutlich schon bald das halbe Schiff auf dem Gewissen. Die Arbeit überlasse ich lieber Admiral Curtis – oder bald Kapitänin Thakis.
Sollte uns eine freundliche außerirdische Spezies begegnen, begleite ich sie gern, um sie kennenzulernen. Falls sie weniger gastfreundlich ist, ziehe ich es vor, mir die BBC-Doku über sie aus sicherer Entfernung anzusehen.
RYAN ROCKWELL:
Danke für das Gespräch, Johannes. Viel Spaß und Erfolg mit dem Fertigstellen deines neuen Reihenauftakts!


Kein Terra Nova: Die Ankunft (Band 1)
Alles Leben auf der Erde ist ausgelöscht. Mit vereinten Kräften wurde eine Raumschiffflotte gestartet, die dreihunderttausend Menschen in Sicherheit brachte, um das Fortbestehen der menschlichen Spezies zu sichern. Ihr Ziel: Terra Nova, ein Planet, der Hoffnung auf eine neue Heimat bietet. Doch bei ihrer Ankunft müssen sie feststellen, dass Terra Nova nicht unbewohnt ist – fünfzig Milliarden Feonen, eine intelligente Spezies, haben bereits jeden Winkel ihres Heimatplaneten besiedelt.
Hope Mulligan ist Teil der Delegation, die versucht, friedliche Verhandlungen zu führen. Ihre Mission: Die Feonen davon zu überzeugen, den Menschen ein Stück Land zu überlassen. Doch viele Feonen stehen dem skeptisch gegenüber, und auch unter den Menschen werden Stimmen laut, die mehr als nur ein kleines Territorium fordern – bereit, die technologische Überlegenheit der Menschheit zu nutzen.
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